Wo eigentlich?
Irgendwie ist es schon seltsam... nach 17 Jahren weiß niemand mehr so recht, wo die Berliner Mauer eigentlich verlief.
Der Mauerbau jährt sich nun zum 45. Mal - Grund genug für einige Erinnerungsmeldungen in den Medien, in denen Zeitzeugen zu Wort kommen, Archive ausgekramt werden etc.
Und auch ich selber frage mich manchmal, ja, wo war die eigentlich so ganz genau?!
Mit gut 10 Jahren bin ich damals ein Mauerspecht geworden, nur leider nicht ganz kräftig genug, um wirklich etwas mit dem Hammer zu erreichen. ;)
(Aber drin rumgeklettert bin ich...)
Alt genug, um sich an so manche Dinge zu erinnern; zu jung, die damaligen Geschehnisse wahrhaft zu begreifen.
Die DDR kannte ich, klar, verbrachte ich doch regelmäßig die Sommerferien dort.
Ich fand es schön bei den Großeltern, Verwandschaft, Cousine im gleichen Alter. Um Politik kümmerte man sich in solch jungen Jahren sowieso nicht, da wurde auch nicht drüber gesprochen.
Ich erinnere mich da an so einiges (unsortiert):
- Westfernsehen wurde geschaut, obwohl irgendwie doch jeder wußte, daß man das eigentlich gar nicht soll. ;)
- Anmelden nach der Ankunft, ausführlich Auskunft geben, wie lange man denn gedenkt, hier zu bleiben.
- Zwangsumtausch, von dem man staubige, knallbunte Luftmatratzen kaufte.
- Der Konsum um die Ecke, wo ich mir regelmäßig eine Tafel (!) Katzenzungen für 2,40 Mark holte.
- Der InterShop in der Stadt, wo ich mich nicht traute, eine TicTac-Box mit einer "DM-Wertmarke" zu kaufen.
(Ich weiß grad gar nicht, wie die Papierchen hießen, es sah für mich damals ein bißchen aus wie Monopoly-Spielgeld, nur weniger bunt... aber genauso labbrig und in diesem Fall 50 Westpfennig wert...) - Die Brötchen, die viel besser schmeckten, als unsere pappigen Berliner Schrippen.
- Das trübe Stadtbild mit all den grauen Häusern, Trabbis und Wartburgs, der Schleier, den man sofort sah, wenn man "den Osten" betrat. Hier war irgendwie immer alles etwas farbloser. - Bei den Großeltern hingegen strahlte alles in bunt. :)
- Losfahren mit dem Auto um Mitternacht, damit es sich auch lohnte; außerdem war nachts nicht so viel los auf den Straßen.
- Die Grenzübergänge, ob mit dem Auto hinterm Wannsee (Dreilinden), mit dem Zug in der Friedrichstraße oder am Checkpoint Charlie, wo meine Eltern die Reisebedingungen klären wollten und ich mich partout weigerte, den "gefährlichen" weißen Strich zu übertreten, der die Grenze markierte. Schließlich hüpfte ich irritiert darüber und zurück, immer Osten und Westen, und kam mir dabei sehr merkwürdig vor.
- Der sehnsüchtige Blick aus Ostberlin, als meine Eltern mich abholten und wir mit Cousine und Oma (die mich per Zug gebracht hatten) am Pariser Platz standen, direkt vor der Absperrung, das Brandenburger Tor vor Augen, die Mauer... und mein Vater streckte den Finger, zeigte auf die Siegessäule... "kurz dahinter wohnen wir, immer geradeaus..." und alle schnieften, weil keiner so richtig verstand, daß meine Cousine einfach nicht mit durfte. Der Rückweg aus Ostberlin war ein langer, Stunden dauernder Umweg, bis wir daheim ankamen.
Richtig verstehen tu ich das heute noch nicht. Eine Stadt (bzw. ein Land), einfach eingemauert, Stacheldraht, Todesschützen, Flüchtlinge... und sogar heute kommt einem das viel zu skurril vor, um wahr zu sein.
Und dennoch hat man es jahrelang selbst erlebt.
In Gedanken versunken...
JessyRamon
Tja, meinereiner hat nach dem mauerfall dann auch ersteinmal mitbekommen, was so an potenzieller “Westverwandtschaft” existierte. Eine Cousine meines Vaters zum Beispiel. ^^
Die “Papierchen” nannten sich übrigens Forumscheck ( http://de.wikipedia.org/wiki/Forumscheck ) und ich hab damals selbst bei ‘nem Klassenkameraden Mark gegen D-Mark ( 5:1, da “unter Freunden”) getauscht, um mir anschließend für 5 DM in Forumschecks eine schicke 90min BASF-Audio-Kassette für meinen DDR-Kassettenrekorder zu kaufen … hachja.